. . . Truc Ta?

Truc Ta aus dem Jahrgang 2010 hat 2011 ihr Abitur absolviert und uns einen tollen Text über die Zeit seit dem Abitur geschickt, der hier einfach in seiner Reinform präsentiert wird 🙂 Viel Spaß beim Lesen und herzlichen Dank an Truc!

Nach dem Abitur 2011 begann ich das Studium der Humanmedizin in Heidelberg aus demselben Grund wie viele: Faszination an Naturwissenschaften mit sozialer Anwendung. Ich erlebte ein erstes Jahr voller diffuser Zweifel. In der Rückschau fällt es leichter, die Krisenherde zu identifizieren: Noch fehlende Akzeptanz, dass kein Studium dieser Welt die Welt erklären kann; allen voran aber persönliche Krisen, wie jeder sie einmal erlebt, der zum ersten Mal frei und eigenständig wird.

Im Sommer 2012 war ich für drei Monate Praktikantin in einem öffentlichen Krankenhaus auf dem vietnamesischen Land, Herkunftsort meines Vaters, lernte Krankenhaus- und Lebensmanagement unter extrem schwierigen Bedingungen nachdrücklich kennen, bereiste ferner Singapur und Myanmar. Die Zeit in diesen sehr verschiedenen Ländern offenbarte mir, dass sich unterschiedliche Gesellschaftsstrukturen nicht in Mentalität begründen, sondern Ergebnis aktiver Historie und aktueller Politik sind.

Zurück aus Südostasien nahm ich ein Freisemester, während dem ich ein Pflegepraktikum an einer klassischen deutschen Uniklinik in Berlin absolvierte und sonst nicht viel tat.

Mit dieser Pause im Rücken setzte ich das Studium in Heidelberg fort und wurde in die Friedrich-Ebert-Stiftung aufgenommen. Mittlerweile im vierten Jahr angekommen, nehme ich mir schon wieder frei, um an einer medizinischen Promotion in der Neurophysiologie zu arbeiten. Themenfeld ist der Zusammenhang zwischen Nerven- und Immunsystem. Nach dem Studium so in etwa drei oder vier Jahren kann ich mir vorstellen, auf begrenzte Zeit als Ärztin in Vietnam tätig zu sein.

Meine Antidepressiva: Sport (Yoga, Schwimmen), Reisen, Familie und vor allem die richtigen Freunde. Einige habe ich TiL zu verdanken, darunter inspirative Frauengestalten wie Joka Pipercevic, Irina Hernandez, Nataliya Nikolska und Viola Schramm.

Mittlerweile habe ich meine experimentelle Promotion, parallel zum Studium, fast beendet und vor allem neben technischem Know-How und Fachwissen mich in Geduld geübt. Seit 2014 engagiere mich in der Vereinsarbeit von „MediNetz Rhein-Neckar e.V.“, welche den Zugang zur medizinischen Versorgung für alle Menschen in Deutschland einfordert.
Im Sommer 2016 verschlug es mich ein weiteres Mal nach Vietnam. Diesmal in das wahnsinnig boomende Saigon, wo ich an der dortigen Universitätsklinik Praktika in den Bereichen Tropenmedizin, Urologie und Notfallmedizin absolvierte.

Das Ende meines Studiums ist mit den Staatsexamen im Herbst diesen Jahres und dem anschließenden letzten praktischen Jahr für Medizinstudierende (PJ) tatsächlich nun in Sicht. Das Fach für die folgende Facharztausbildung steht noch nicht fest.

Eine weitere Erkenntnis der letzten Jahre: Vernünftige Von-Vornherein-Argumentationen gegen etwas sind meistens nicht so überzeugend wie das eigene Erleben und Scheitern an der Situation. Ich glaube, dieses Trial&Error-Prinzip funktioniert insbesondere wohl im freien Privatleben.