Alle Beiträge rund ums 20-järige TiL-Jubiläum

20 Jahre Talent im Land

Zum 20-jährigen Jubiläum berichten einige ehemaligen und aktuell Geförderte aus verschiedenen TiL-Jahrgängen in diesem Video, welche Bedeutung das Stipendium für sie persönlich hatte.

20 Jahre Talent im Land – das große Wiedersehen

2023 feiert Talent im Land Baden-Württemberg einen runden Geburtstag – TiL ist nun 20 Jahre alt! Der Höhepunkt des Jubiläumsjahres fand am 21. Oktober in der Alten Aula und im Institut für Erziehungswissenschaft in Tübingen statt: Knapp 220 aktuelle und ehemalige Stipendiat*innen, Wegbegleiter*innen sowie Stiftungsvertreter*innen der letzten beiden Jahrzehnte feierten das 20-jährige Bestehen von Talent im Land bei der Jubiläumsveranstaltung „das große Wiedersehen“. Der Tag bot die Gelegenheit, in Erinnerungen zu schwelgen, mal wieder TiL-Luft zu schnuppern, alte Bekannte wiederzutreffen und/oder neue kennenzulernen.

Bei Brezeln und Kaffee gab es ein großes Hallo und Wiedersehen aller Ankommenden. Das TiL-Büro hieß alle Gäste in der Alten Aula herzlich willkommen, bevor die erste Workshop-Phase begann und alle Teilnehmenden einen zuvor gewählten Workshop besuchten. Das bunte Workshop-Programm wurde zum großen Teil von TiLer*innen selbst gestaltet und war so vielfältig wie die Stipendiat*innen und Alumni selbst: Die Teilnehmenden konnten sich unter anderem beim Tanzen oder Taekwondo austoben, beim Malen kreativ werden oder neue Impulse zu Anti-Rassismus oder zum Leben im Ausland erhalten. In drei verschiedenen Zeitslots wurden insgesamt knapp 30 Workshops angeboten!

Nach einer gemeinsamen Mittagspause, die zum Austauschen und Kennenlernen, aber auch für lustige Fotos mit der Fotobox genutzt wurde, stimmte TiL-Alumna Ruhev Khalil mit dem Klavierstück „Lied ohne Worte“ von Mendelssohn in den folgenden Programmpunkt ein. Nach Begrüßungsworten von Stiftungsvertreter*innen schloss die letzte von insgesamt vier TiL-Jubiläums-Gesprächsrunden die Reihe der über das Jahr verteilt stattfindenden Gesprächsrunden rund um den Themenkomplex Bildungsgerechtigkeit im gesellschaftlichen Kontext. In ihrer Rede lobte Annegret Trettin im Namen der Baden-Württemberg-Stiftung die Kraft des Programms und umriss die Geschichte von TiL. Auch Christoph Palm, Geschäftsführer der Josef Wund-Stiftung, betonte, wie gern sie TiL unterstützen und wie lohnenswert die Investition in die Bildungswege der TiLer*innen ist. Anwesend waren auch Petra Wund, die Tochter des Stiftungsgründers Josef Wund, Bernhard Schirmers von der Elisabeth-Stiftung sowie Manfred Hammer und Jochen Stockburger für die Menold Bezler Stiftung.

In der anschließenden Gesprächsrunde, die von Erika Magyarosi moderiert wurde, erörterten aktuelle und ehemalige TiLer*innen die Frage „Was macht TiL zu TiL?“. Wie lässt sich der TiL-Spirit beschreiben, warum erleben Stipendiat*innen die Förderung von TiL immer wieder aufs Neue als so etwas Besonderes? Was würden sich unsere TiLer*innen von der Politik für mehr Bildungsgerechtigkeit wünschen?

Mervenur Aydin (TiL-Jahrgang 2016), Viktor Bindewald (TiL-Jahrgang 2004) und Jothini Sritharan (TiL-Jahrgang 2012) gaben verschiedene Einblicke in ihre Zeit bei TiL, besonders prägende Erfahrungen und ihr anschließendes Engagement für mehr Bildungsgerechtigkeit. Auf einem zusätzlichen freien Stuhl nahmen immer wieder aktuelle Stipendiat*innen spontan Platz und berichteten von ihren Eindrücken aus dem Stipendium.

Im Anschluss an Kaffee und den großen TiL-Geburtstagskuchen in der Alten Aula gab es zwei weitere Workshop-Phasen, in denen die Teilnehmenden wieder die Möglichkeit hatten, ihr Wissen zu vertiefen oder Neues auszuprobieren.

Nach einem spannenden Programm mit vielfältigem Input wurde nach dem Abend-Buffet bei der Silent Disco so richtig gefeiert: Ausgestattet mit Kopfhörern konnten alle “ihre” Musik aus drei Kanälen auswählen und das Tanzbein schwingen, während gleichzeitig noch Gespräche möglich waren. Nie zuvor in der Geschichte von Talent im Land kamen so viele ehemaligen und aktuellen Stipendiat*innen einen ganzen Tag lang zusammen, so dass dieses Jubiläum allen Anwesenden noch lange in Erinnerung bleiben wird.

TiL im Gespräch: „Was macht TiL zu TiL?”

Die letzte Gesprächsrunde im TiL-Jubiläumsjahr findet am 21. Oktober im Rahmen des Jubiläumsfests „das große Wiedersehen“ mit aktuellen und ehemaligen TiL-Stipendiat*innen sowie TiL-Wegbegleiter*innen in Tübingen statt.

„Was macht TiL zu TiL? – Was macht den TiL-Spirit aus, warum erleben Stipendiat*innen die Förderung von TiL immer wieder aufs Neue als so etwas Besonderes? Was würden sich unsere TiLer*innen von der Politik für mehr Bildungsgerechtigkeit wünschen?“ – diese und weitere Fragen diskutieren ehemalige und aktuelle TiL-Stipendiat*innen am Samstag, den 21. Oktober von 13:00 bis 14:30 Uhr – für alle angemeldeten Jubiläums-Gäste live im Pfleghofsaal in Tübingen und für alle Interessierten auf Zoom. Zur Teilnahme an der Live-Übertragung via Zoom ist keine Anmeldung notwendig, einfach → diesem Link folgen. Erika Magyarosi wird erneut die Moderation übernehmen.

Wir freuen uns auf rege Teilnahme!

Weitere Informationen zum Jubiläum und die Aufzeichnungen der bisherigen Gesprächsrunden sind → hier zu finden.

Themen der bisherigen Gesprächsrunden:

  • “Gleiche Chancen für alle? – über den Zusammenhang von sozialem Hintergrund und Zuwanderungsgeschichte auf die Begabungsentfaltung“
  • „Vorbild oder Feigenblatt? – Können Stipendienprogramme für Schüler*innen strukturelle Herausforderungen in Bezug auf Bildungsgerechtigkeit ausgleichen?”
  • „Irgendwie gleich – und doch ganz anders!? – Schülerstipendien in Deutschland: Visionen für eine fairere Bildung!“

TiL im Gespräch (Mitschnitt): Irgendwie gleich – und doch ganz anders?

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„Irgendwie gleich – und doch ganz anders?“ – mit dieser Frage beschäftigten sich Vertreter*innen von fünf Schülerstipendienprogrammen aus ganz Deutschland an der dritten Online-Gesprächsrunde im TiL-Jubiläumsjahr im September via Zoom. Im Austausch waren Stefanie Lüke, Projektleitung für Netzwerkarbeit beim Studienkompass, Friederike Chudaske, stellvertretende Programmleitung der NRWTalente, Jeannette Rau, Landeskoordinatorin Baden-Württemberg der START-Stiftung, Andrea Dutzek, Projektleiterin für “grips gewinnt” der Joachim Herz Stiftung sowie Andreas Germann und Noreen Eberle für Talent im Land Baden-Württemberg. Erika Magyarosi übernahm wieder die Moderation.

Nach der Vorstellung aller Personen und Stiftungen standen die Entwicklungsschritte sowie Visionen und Ziele der einzelnen Stipendienprogramme im Mittelpunkt. Dabei wurde deutlich, dass sich die jeweils adressierten Zielgruppen teilweise voneinander unterscheiden – so haben zum Beispiel alle Geförderten der START-Stiftung eine Migrationsgeschichte – es aber bezüglich der Zielsetzungen der Programme viele Überschneidungen und Gemeinsamkeiten gibt; so fokussieren alle Programme die Förderung von talentierten Jugendlichen, die Hürden auf ihrem Bildungsweg haben, und teilen das große gemeinsame Ziel, die Bildungschancen in Deutschland gerechter zu gestalten.

Um sich von den Angeboten und Förderungen der anderen Programme inspirieren zu lassen tauschten sich die Vertreter*innen über die Besonderheiten ihrer Programme aus. Bei „grips gewinnt“ zum Beispiel gibt es das Angebot des Wandercoachings – hierbei coacht sich eine kleine Gruppe von Jugendlichen nach einer Einführung gegenseitig und mit professioneller Unterstützung bei der Bewegung im Freien. Die NRWTalente werden besonders bei Auslandsaufenthalten unterstützt, beim Studienkompass steht die ideelle Förderung durch ein vielfältiges Workshopprogramm im Mittelpunkt. Dass die Stipendienprogramme mit der Zeit gehen und sich an die Bedürfnissen und Interessen ihrer Zielgruppen anpassen, zeigt START mit der Entwicklung der STARTAcademy – einer Online-Plattform, mit der Möglichkeit zur Vernetzung von noch mehr jungen Menschen anbietet – und der Studienkompass mit einer öffentlich zugänglichen App mit Tipps rund um Studien- und Berufsorientierung.

Auch wenn die Stipendienprogramme schon ein umfangreiches und vielfältiges Programm bieten, so planen kontinuierlich die Erweiterung und Verbesserung ihres Programms. Die NRWTalente entwickeln ebenfalls ein Programm für diejenigen, die nicht als Stipendiat*innen in die Förderung aufgenommen werden konnten. Talent im Land stellt hier die Idee in den Raum, ein solches digitales Angebot programmübergreifend anzubieten und so eine Vernetzung der Jugendlichen innerhalb Deutschlands zu ermöglichen. „grips gewinnt“ möchte sich weiter auf die Bewerbung des Programms bei Lehrkräften fokussieren – denn diese seien oft der Schlüssel dafür, dass Schüler*innen von Stipendienprogrammen erführen.

Zum Schluss blieb noch Zeit zum Teilen von ganz besonderen und berührenden Erfahrungen im Programm. Auch Fragen aus dem Publikum konnten beantwortet werden und es wurde gezeigt, wie differenziert jedes Programm seine Bewerber*innen auswählt. Alle schlossen die inspirierende Runde mit dem Versprechen, sich bald wieder zu einem gemeinsamen Austausch zu verabreden. Die Vertreter*innen der Stipendienprogramme lobten die Kraft des gemeinsamen Austausches. So können große Ziele besser verfolgt und neue Ideen gesponnen werden.

Habt ihr die Gesprächsrunde verpasst oder möchtet sie noch einmal anhören? Dann könnt ihr das hier tun.

Die letzte Gesprächsrunde dieser Reihe findet am 21. Oktober im Rahmen unserer TiL-Jubiläumsveranstaltung statt und wird live übertragen. Dort werden sich ehemalige und aktuelle Stipendiat*innen darüber austauschen, was TiL zu TiL macht.

TiL im Gespräch: „Irgendwie gleich – und doch ganz anders?!”

Talent im Land (TiL) feiert seinen 20. Geburtstag weiter – und die Online-Gespräche gehen in die dritte Runde!

Nach einem spannenden Gespräch im Mai rund um das Thema „Gleiche Chancen für alle?“ mit Dr. Ulrike Leikhof und Prof. Dr. Gabriele Weigand und einer anregenden Diskussion im Juli zu der Frage „Vorbild oder Feigenblatt?“ mit Lisa Graf und Katja Urbatsch, werfen wir in unserer dritten Gesprächsrunde den Blick auf die Landschaft der Schülerstipendienprogramme in Deutschland:

„Irgendwie gleich – und doch ganz anders?! – Schülerstipendien in Deutschland: Visionen für eine fairere Bildung!“ diskutieren wir am kommenden Donnerstag, den 21. September von 18:00 Uhr bis ca. 20 Uhr auf Zoom.

Neben Talent im Land gibt es weitere Stipendienprogramme für Schüler*innen in Deutschland. Was unterscheidet und was vereint all diese Programme? Welches Ziel hat die Förderung? Wie wird gefördert?

Diese und weitere Fragen diskutieren wir mit Stefanie Lüke, der Projektleitung für Netzwerkarbeit beim Studienkompass, Friederike Chudaske, der stellvertretenden Programmleitung der NRWTalente, Jeanette Rau, der Landeskoordinatorin Baden-Württemberg der START-Stiftung, Andrea Dutzek, der Projektleiterin für „grips gewinnt“ der Joachim Herz Stiftung sowie Andreas Germann und Noreen Eberle von Talent im Land Baden-Württemberg. Am Ende bleibt Zeit für Fragen und Anmerkungen aus dem Publikum. Erika Magyarosi wird wieder die Moderation übernehmen.

Wir laden herzlich dazu ein. Die Teilnahme ist kostenlos und ohne Anmeldung möglich, einfach → diesem Link folgen.

Die beteiligten Förderprogramme:

  • Der Studienkompass fördert und begleitet Jugendliche aus nichtakademischen Familien durch Beratung und Seminarangebote bei der Wahl ihres Studiums, um damit eine chancengerechtere Berufsorientierung zu gestalten.
  • Die NRWTalente unterstützen vor allem Jugendliche aus nichtakademischen Familien aus dem Ruhrgebiet, der Region Aachen und Ostwestfale-Lippe ab der achten Klasse durch ein Bildungsprogramm, persönliche Beratung und bildungsbezogene materielle Förderung bis zu ihrem Schulabschluss.
  • Die START-Stiftung fördert bundesweit Jugendliche mit Migrationsgeschichte finanziell, durch individuelle Betreuung, ein Bildungsprogramm in den drei Jahren vor ihrem Schulabschluss.
  • grips gewinnt“ unterstützt motivierte Schüler*innen aus Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein, die vor Hürden stehen, finanziell, durch individuelle Beratung und Seminare auf ihrem Weg zum Abitur/zur Fachhochschulreife.
  • Talent im Land fördert seine Stipendiat*innen durch persönliche Beratung. finanziell und durch Bildungsangebote. Bei TiL werden begabte Jugendliche unterstützt, die aufgrund ihrer sozialen Herkunft Hürden zu überwinden haben. Das Programm gibt es in unterschiedlicher Trägerschaft in Baden-Württemberg und Bayern.

Am 21. Oktober 2023 wird es im Rahmen der TiL-Jubiläumsfeier eine letzte Gesprächsrunde geben. Dabei geht es um die Frage: Was macht TiL zu TiL? Stipendiat*innen und Alumni tauschen sich dazu aus, was den TiL-Spirit ausmacht und warum die Förderung von TiL so besonders ist. Diese Gesprächsrunde wird aufgezeichnet.

Weitere Informationen zum Jubiläum und die Aufzeichnungen der bisherigen Gesprächsrunden sind → hier zu finden.

 

TiL im Gespräch (Mitschnitt): Vorbild oder Feigenblatt?

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Bei der zweiten Online-Gesprächsrunde zum 20-jährigen TiL-Jubiläum am 3. Juli diskutierten Katja Urbatsch und Lisa Graf über Stipendienprogramme für Schüler*innen und inwiefern diese politisches Engagement für mehr Bildungsgerechtigkeit in Deutschland vorantreiben oder bremsen können. „Vorbild oder Feigenblatt? – Können Stipendienprogramme für Schüler*innen strukturelle Herausforderungen in Bezug auf Bildungsgerechtigkeit ausgleichen?“ lautete die leicht provokativ gestellte Eingangsfrage, die unter der Moderation von Erika Magyarosi zu einem anregenden und lebhaften Gespräch führte.

Lisa Graf ist studierte Gymnasiallehrerin, setzt sich aktuell aber hauptberuflich als Autorin, Beraterin und Speakerin für mehr Bildungsgerechtigkeit in Deutschland ein. Katja Urbatsch gründete 2008 Arbeiterkind.de – eine Plattform für Schüler*innen und Studierende aus Familien ohne Hochschulerfahrung – und ist Geschäftsführerin der gemeinnützigen Initiative mit inzwischen etlichen Beschäftigten und einem großen Netzwerk an Mentor*innen und vielen Ehrenamtlichen an den 80 Standorten bundesweit.

Nach einer persönlichen Vorstellung der beiden Expertinnen und ihrer Bildungsbiografien erklärten sie zunächst, wie strukturelle Benachteiligung auf Menschen aus nichtakademischen Familien wirkt: Die Bildungswege von Menschen in Deutschland hängen stark von ihrer sozialen Herkunft ab, nicht von ihren persönlichen Talenten und Interessen. In Studien zeigt sich: 79 von 100 sogenannten Akademikerkindern studieren, wohingegen nur 27 von 100 Nicht-Akademikerkindern eine Universität besuchen. Lisa Graf machte den Unterschied zwischen strukturellen und individuellen Problemen deutlich: während die meisten Menschen individuell Herausforderungen zu meistern haben, liegt die Beseitigung struktureller Ungleichheiten nicht in der Macht der Betroffenen.

Als ehemalige Lehrerin berichtet Lisa Graf, wo diese strukturelle Ungerechtigkeit im Schulalltag besonders sichtbar ist. Im deutschen Bildungssystem wird die Mitarbeit der Familie für den Bildungserfolg junger Menschen mit einkalkuliert. Dies zeigt sich z.B. bei der Erledigung von Hausaufgaben und Langzeitprojekten, aber auch bei der Finanzierung von Lernmitteln. Die Beantragung von Förderung stellt dabei oft eine zu große Hürde dar. Zusätzlich zur erschwerten Teilhabe an Bildung kommt eine beschränkte kulturelle Teilhabe von Kindern aus sogenannten Arbeiterfamilien.

Beide warnten davor, einen Bildungsaufstieg als rein positives Erlebnis zu labeln – denn die Kinder entfernen und entfremden sich dabei immer von ihrer Ursprungsfamilie. Gleichzeitig stellten Katja Urbatsch und Lisa Graf die Bezeichnung „Aufstieg“ in Frage: Er vermittelt ein ganz klares Klassenbild und Ungleichgewicht. Warum werden Ausbildungsberufe als weniger wertvoll betrachtet als die Jobs studierter Menschen? Außerdem wird mit dem Begriff des „Aufsteigers“ und der Aufmerksamkeit auf solche Personen fälschlicherweise suggeriert, dass alle einen solchen Aufstieg schaffen könnten, wenn sie sich anstrengen würden. Versteckt bleiben dabei alle, die am Bildungssystem trotz ihres Potentials scheitern (sog. Survivorship-Bias).

Die Titelfrage, ob Stipendienprogramme für Schüler*innen wie Talent im Land dadurch, dass sie eine wichtige Aufgabe des Staates übernehmen, nicht auch den Druck für Veränderung verringern könnten, beantworteten beide differenziert, aber klar: Stipendienprogramme wie TiL, aber auch die Arbeit von Arbeiterkind.de oder der beiden Gäste als Autorinnen oder Personen der Öffentlichkeit, rücken das Thema Bildungsungerechtigkeit in Deutschland in den Fokus. So lange das Problem noch nicht behoben ist, gibt es also keine andere Möglichkeit, als weiterzumachen – und so viele Schüler*innen zu fördern, wie es möglich ist. Außerdem beobachtet Katja Urbatsch, dass sich oft ehemalige Schülerstipendiat*innen als Mentor*innen und Multiplikator*innen für einen Wandel einsetzen oder eigene Initiativen gründen.

Zum Schluss blieb noch Zeit zum Teilen eigener Erfahrungen und für anregende Diskussionen. Die beiden Gäste ermutigten alle Stipendiat*innen dazu, sich zu trauen, andere nach Unterstützung zu fragen und sich auch als Erwachsene zu trauen, etwas ganz Neues beginnen zu lernen.

Habt ihr die Gesprächsrunde verpasst oder möchtet sie noch einmal anhören? Dann könnt ihr das hier tun.

Wir freuen uns auf die weiteren Gesprächsrunden mit erneut spannenden Fragestellungen und interessanten Gästen!

TiL im Gespräch: Vorbild oder Feigenblatt?

TiL wird in diesem Jahr 20 Jahre alt! Im Rahmen unseres Jubiläumsjahres möchten wir deshalb in den Austausch gehen. In vier Online-Gesprächsrunden mit Gästen aus Wissenschaft und pädagogischer Praxis, aber auch mit Stipendiat*innen und Alumni möchten wir unterschiedliche Perspektiven auf faire Bildungschancen in Deutschland und auf das Stipendienprogramm selbst kritisch diskutieren. Gleichzeitig gibt es Raum für die Zuschauenden, Fragen zu stellen oder ihre Sichtweisen zu teilen.

Am 3. Juli um 18 Uhr auf Zoom geht es in die zweite Runde mit der Frage

“Vorbild oder Feigenblatt?”

Können Stipendienprogramme für Schüler*innen strukturelle Herausforderungen in Bezug auf Bildungsgerechtigkeit ausgleichen?

Stipendienprogramme wie Talent im Land fördern Jugendliche, die auf ihrem Bildungsweg Hürden zu überwinden haben, dabei, ihre Begabungen zu entfalten. Übernehmen sie dabei nicht eigentlich eine wichtige Aufgabe des Staates? Machen solche Programme Bildungsungerechtigkeit eher sichtbar oder verringern sie den Druck für Veränderung? Und welche Ungleichheiten herrschen in Klassenzimmern oder Hörsälen für Kinder von Nichtakademiker*innen?

Solche und ähnliche Fragen, aber auch Lösungsmöglichkeiten und -vorschläge werden Lisa Graf und Katja Urbatsch über Zoom diskutieren. Die Gesprächsrunde wird von Erika Magyarosi moderiert. Wir sind gespannt und freuen uns auch auf Fragen und Anmerkungen aus dem Publikum!

Unsere Gäste:

Lisa Graf ist studierte Gymnasiallehrerin, setzt sich aktuell aber hauptberuflich als Bloggerin, Autorin, Beraterin und Speakerin für mehr Bildungsgerechtigkeit in Deutschland ein. Sie schrieb in ihrem Blog “Meine Klasseüber ihren Schulalltag an einer Brennpunktschule und zeigte damit die strukturellen Ungerechtigkeiten in Deutschland auf. In ihrem Buch “Abgehängt. Von Schule, Klassen und anderen Ungerechtigkeiten” arbeitet sie ihre Erfahrungen als Lehrerin im deutschen Bildungssystem auf und setzt sie in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext. Auch ihre eigene Geschichte als erste Studentin der Familie, lässt sie mit einfließen.

Katja Urbatsch gründete 2008 Arbeiterkind.de – eine Plattform für Schüler*innen und Studierende aus Familien ohne Hochschulerfahrung – und ist seit einigen Jahren Geschäftsführerin des gemeinnützigen Vereins. Für ihren langjährigen Einsatz für mehr Bildungsgerechtigkeit und kulturelle Teilhabe erhielt sie 2018 das Bundesverdienstkreuz. Außerdem schrieb sie das Buch “Ausgebremst: Warum das Recht auf Bildung nicht für alle gilt”, in dem sie sehr anschaulich und prägnant den steinigen Weg der “First Generation Students“ beschreibt, die sich durch die Hochschule bis zum Abschluss durchkämpfen. Auch sie ist die erste Studentin ihrer Familie gewesen.

Der Link zum Online-Gespräch (3.7.23, 18:00 Uhr): https://zoom.us/j/96960713989

 


Die weiteren Termine & Themen von „Talent im Land im Gespräch“:

Ende September: „Irgendwie gleich – und doch ganz anders!?“: TiL im Kontext der Schülerstipendienprogramme in Deutschland

Neben Talent im Land gibt es weitere Stipendienprogramme für Schüler*innen in Deutschland. Welche Zielgruppe haben die Programme und wie sieht die Förderung aus? Was unterscheidet und was vereint sie? Wir wollen sie alle gemeinsam an einen virtuellen Tisch holen und voneinander lernen.

21. Oktober: „Was macht TiL zu TiL?“: Stipendiat*innen und Alumni im Gespräch

Stipendiat*innen und Alumni tauschen sich dazu aus, was den TiL-Spirit ausmacht und warum die Förderung von TiL so besonders ist. Dabei wird das Programm mit anderen, späteren Förderungen verglichen und in einen gesellschaftlichen und persönlichen Kontext gesetzt.

Bereits vorbei: 

Anfang Mai diskutierten Dr. Ulrike Leikhof und Prof. Gabriele Weigand bei einer Online-Diskussion das Thema „Gleiche Chancen für alle? – über den Zusammenhang von sozialem Hintergrund und Zuwanderungsgeschichte auf die Begabungsentfaltung“. Ein Mitschnitt des Gesprächs ist unter dem angegebenen Link verfügbar.

 

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TiL im Gespräch (Mitschnitt): Gleiche Chancen für alle?

Den Auftakt in die Reihe der Gesprächsrunden rund um das 20. Talent im Land-Jubiläumsjahr machten Dr. Ulrike Leikhof und Prof. Gabriele Weigand bei einer Diskussion rund um das Thema Bildungsgerechtigkeit: „Gleiche Chancen für alle? – über den Zusammenhang von sozialem Hintergrund und Zuwanderungsgeschichte auf die Begabungsentfaltung“. Am 10. Mai fanden sich knapp 35 Zuhörer*innen und Erika Magyarosi als Moderatorin in Zoom ein, um den beiden Gästen aus Wissenschaft und Praxis bei ihrer Diskussion zuzuhören.

Ulrike Leikhof setzt sich seit vielen Jahren als Bereichsleitung für die Akademien von Bildung & Begabung, dem Talentförderzentrum des Bundes und der Länder, dafür ein, dass Jugendliche unabhängig von ihrer Herkunft gefördert und bei der Entfaltung ihrer Potentiale bestmöglich unterstützt werden. Gabriele Weigand ist Professorin an der Pädagogischen Hochschule in Karlsruhe und Koordinatorin der gemeinsamen Initiative von Bund und Ländern „Leistung macht Schule” zur Förderung leistungsstarker und potenziell besonders leistungsfähiger Schülerinnen und Schüler.

Zunächst definierten beide den Begriff der Gerechtigkeit, genauer der Chancen- und Bildungsgerechtigkeit. Ulrike Leikhof berief sich hierbei auf den Chancenspiegel, der eine faire Gesellschaft, in der alle die Chance zur Teilhabe haben, als chancengerecht definiert. Bezogen auf die Institution Schule bedeutet das, dass niemand aufgrund seiner oder ihrer Herkunft benachteiligt werden darf und jede*r die Möglichkeit hat, die Gesellschaft mitzugestalten. Gabriele Weigand wies anschließend darauf hin, wie viel Diskussion es noch immer um den Begriff der Gerechtigkeit im Bildungsdiskurs gibt. Ihrer Meinung nach sollten wir als Gesellschaft diskursiv und gemeinsam entscheiden, was wir unter Bildungsgerechtigkeit verstehen – und dabei alle Ideen von Gerechtigkeit mit einfließen lassen.

In Studien zeigt sich immer wieder, wie eng der Zusammenhang zwischen dem (sozialen) Hintergrund und der Begabungsentfaltung ist. In Förderungsprogrammen finden sich seltener Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Situationen, die besonders von einer solchen Förderung profitieren würden. Dies erklärten die beiden Gäste multidimensional und systemisch: Sie führten das auf fehlendes Wissen um Strukturen im Bildungssystem zurück, auf weniger Selbstvertrauen in der Schule, auf den Habitus (nach Bourdieu), aber auch auf geringere Erwartungen der in der Schule Beschäftigten gegenüber den Kindern und Jugendlichen mit nicht-bildungsbürgerlichem Hintergrund. Außerdem wies Ulrike Leikhof darauf hin, dass allein die Instrumente, mit denen Begabung gemessen werden soll, nicht vollständig kulturfair sind.

Ulrike Leikhof und Gabriele Weigand plädierten dafür, die Haltung in der Schule gegenüber den Kindern und Jugendlichen zu verändern. Alle Schüler*innen sollten, unabhängig ihrer sozialen „Kategorie“, individuell betrachtet und gefördert werden. Beide wünschten sich ein personenzentriertes Arbeiten, bemerkten aber auch, dass dieses in der Realität leider (noch) nicht umgesetzt werden kann. Doch in ihrer praktischen Arbeit bei Bildung & Begabung oder LemaS, versuchen die beiden schon jetzt, Schüler*innen individuell und unabhängig ihrer Herkunft zu fördern.

Zum Schluss blieb noch ein bisschen Zeit für spannende Beiträge und Fragen aus dem Publikum. Und alle waren sich einig, dass Stipendienprogramme wie TiL eine wichtige Unterstützung und Stärkung für viele Individuen sind. Aber auch das Reflektieren eigener Vorurteile oder der persönlichen Position sind wichtige erste Schritte in Richtung Bildungsgerechtigkeit, die wir alle gehen können.

Habt ihr die Gesprächsrunde verpasst oder möchtet sie noch einmal anhören? Dann könnt ihr das hier tun.

Wir freuen uns auf alle zukünftigen Gesprächsrunden, mit spannenden Fragestellungen und Gästen!

TiL im Gespräch: Gleiche Chancen für alle?

TiL wird in diesem Jahr 20 Jahre alt! Im Rahmen unseres Jubiläumsjahres möchten wir deshalb in den Austausch gehen. In vier Online-Gesprächsrunden mit Gästen aus Wissenschaft und pädagogischer Praxis, aber auch mit Stipendiat*innen und Alumni möchten wir unterschiedliche Perspektiven auf faire Bildungschancen in Deutschland und auf das Stipendienprogramm selbst kritisch diskutieren. Gleichzeitig gibt es Raum für die Zuschauenden, Fragen zu stellen oder ihre Sichtweisen zu teilen.

Am 10. Mai starten wir unseren Zyklus mit dem Titel

“Gleiche Chancen für alle?”

Über den Zusammenhang von sozialem Hintergrund und Zuwanderungsgeschichte auf die Begabungsentfaltung.

Alle Kinder in Deutschland haben die Möglichkeit – und die Pflicht –, eine Schule zu besuchen. Trotzdem hängt der Bildungserfolg junger Menschen noch immer von ihrem sozialen Hintergrund ab. Warum ist das so? Wie kann dem entgegengewirkt werden? Und was ist überhaupt Bildungsgerechtigkeit?

Diese und ähnliche Fragen diskutieren Dr. Ulrike Leikhof und Prof. Gabriele Weigand am 10. Mai von 18:00 bis 19:30 Uhr über → Zoom.

Unsere Gäste:

Ulrike Leikhof setzt sich seit vielen Jahren als Bereichsleitung für die Akademien von Bildung & Begabung, dem Talentförderzentrum des Bundes und der Länder, dafür ein, dass Jugendliche unabhängig von ihrer Herkunft gefördert und bei der Entfaltung ihrer Potentiale bestmöglich unterstützt werden. In ihrer Dissertation verfasste sie eine Bestandsaufnahme zu Jugendlichen mit Migrationshintergrund in der Begabungsförderung. Sie bringt also viel Erfahrung sowohl aus der pädagogischen Praxis als auch aus der Forschung mit.

Gabriele Weigand ist Professorin an der Pädagogischen Hochschule in Karlsruhe und forscht u.a. in den Themenfelder Begabungsförderung sowie Schulentwicklung- bzw. Schulbegleitung. Sie ist Koordinatorin der gemeinsamen Initiative von Bund und Ländern „Leistung macht Schule” zur Förderung leistungsstarker und potenziell besonders leistungsfähiger Schülerinnen und Schüler. Im Rahmen dieses Verbunds werden Konzepte und Prozesse initiiert, die eine Förderung unabhängig vom (sozialen) Hintergrund an Schulen etablieren sollen.

Moderiert wird die Gesprächsrunde von Erika Magyarosi.


Die weiteren Termine & Themen von „Talent im Land im Gespräch“:

3. Juli: „Vorbild oder Feigenblatt“: Inwiefern können und sollen Stipendienprogramme wie Talent im Land strukturelle/ politische Herausforderungen in Bezug auf Bildungsgerechtigkeit „ausgleichen“?

Machen solche Programme Bildungsungerechtigkeit eher sichtbar oder verringern sie den Druck für Veränderung? Wo hakt es in Sachen Bildungsungleichheit? Dies diskutieren wir mit dem Soziologen Aladin El-Mafaalani (angefragt), der Lehrerin und Buchautorin Lisa Graf und Katja Urbatsch, der Gründerin von Arbeiterkind.de.

Ende September: „Irgendwie gleich – und doch ganz anders!?“: TiL im Kontext der Schülerstipendienprogramme in Deutschland

Neben Talent im Land gibt es weitere Stipendienprogramme für Schüler*innen in Deutschland. Welche Zielgruppe haben die Programme und wie sieht die Förderung aus? Was unterscheidet und was vereint sie? Wir wollen sie alle gemeinsam an einen virtuellen Tisch holen und voneinander lernen.

21. Oktober: „Was macht TiL zu TiL?“: Stipendiat*innen und Alumni im Gespräch

Stipendiat*innen und Alumni tauschen sich dazu aus, was den TiL-Spirit ausmacht und warum die Förderung von TiL so besonders ist. Dabei wird das Programm mit anderen, späteren Förderungen verglichen und in einen gesellschaftlichen und persönlichen Kontext gesetzt.