Erstes Stipendiatentreffen des Jahrgangs 2017

Der TiL-Jahrgang 2017 ist ein ganz besonderer: drei Stipendiat*innen mehr konnten dieses Jahr mit aufgenommen werden und werden nun bis zum Abitur oder einem gleichwertigen Schulabschluss gefördert. Vom 15. – 17. September 2017 lernten die Neulinge sich gegenseitig und das TiL-Büro zum ersten Mal richtig kennen. Wie in den Vorjahren stand das Seminar in der Evangelischen Akademie Bad Boll unter dem Motto „Chancen bilden – auf dem Weg zu neuen Herausforderungen“.

Im Seminar lernen die Stipendiat*innen das Programm, die Gruppe, und sich selbst etwas besser kennen. Nach einem vielfältigen Kennenlernen am Freitag wurden die Schüler*innen am Samstag in wechselnde Gruppen eingeteilt. Während zwei Gruppen sich ihrer eigenen Fähigkeiten, Stärken & Zielen bewusst werden sollten, aber auch erfuhren, wie die anderen Stipendiat*innen sich mit den Herausforderungen des Alltags und der Schule auseinandersetzen, halfen Vertrauens- und Kooperationsübungen zwei weiteren Gruppen, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Anschließend wurden die Gruppen getauscht. Bei der Talentshow am Samstagabend schließlich durfte jede*r Einzelne in offener Atmosphäre ihr oder sein persönliches Talent den anderen präsentieren. Und die Bühne wurde eifrig genutzt: Von Zaubertricks (oder was es doch Magie?) über Gesangseinlagen bis hin zu Artistik mit „Pois“ gab es einiges zu sehen und hören!

In einer Talkrunde mit drei ehemaligen Stipendiat*innen am Sonntag berichteten diese über ihre Erfahrungen aus dem Stipendium. Ebenfalls vorgestellt wurden den Stipendiat*innen ihre Regionalgruppen, in denen regelmäßig Aktivitäten in der näheren Region unternommen werden. Auch die Eltern bzw. Begleitpersonen und deren Fragen an das Programm kamen nicht zu kurz: im Anschluss an ein gemeinsames Mittagessen wurde eine Inforunde zu den Bestandteilen des Stipendiums angeboten.

Das Stipendiatentreffen war eine rundum schöne und intensive Veranstaltung, deren reibungsloser Ablauf nur noch durch ein fast unglaubliches Wiedersehen übertroffen wurde: Bereits beim Auswahltag im Juli trafen sich zwei Bewerber*innen nach langer Ungewissheit wieder – und nun waren sie gemeinsam in Bad Boll, um ihr Stipendium anzutreten: Zwei unserer neuen Stipendiat*innen kannten sich bereits von ihrer gemeinsamen Zeit in der syrischen Schwimm-Jugend-Nationalmannschaft. Durch die Flucht hatten sie sich aus den Augen verloren – jetzt sind sie beide im selben TiL-Jahrgang. Was für ein berührender Zufall. 🙂

Laborpraktikum am Heidelberger Life Science Lab 2017

Ein Schmankerl der besonderen Art gab es auch dieses Jahr in der letzten Woche der Sommerferien für eine kleine, illustre Truppe von Stipendiat*innen: das Laborpraktikum am Heidelberger Life Science Lab des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ).

Über eine ganze Woche – vom 4. bis 9. September – konnten die acht TiLer alles Mögliche über Durchflusszytometrie, Restriktionsanalyse, kompetente Bakterien und Apoptoseinduktion lernen und jetzt vielleicht auch erklären, was das bedeuten soll. An den freien Abenden in Heidelberg wurden die zukünftigen Laborant*innen außerdem von TiL-Alumna Kameliya Georgieva begleitet, die Ansprechpartnerin, Programmgestalterin und Expertin in einem sein konnte – Kameliya hatte vor ihrem Abitur selbst am Praktikum teilgenommen und studiert inzwischen Medizin an der Universität Ulm.

Stipendiatin Anna Kling war eine der Teilnehmer*innen am DKFZ-Laborpraktikum und nahm sich im Anschluss die Zeit, einen Bericht für das Büro zu verfassen, den wir natürlich nicht vorenthalten wollen.

Das perfekte Gemisch

Was werde ich nur nach dem Abitur machen? Diese Frage beantworten zu können, gestaltet sich als eine der schwierigsten Herausforderung in der Kursstufe.

Das Laborpraktikum am DKFZ gab uns die Chance, genau diese Frage mit Sicherheit beantworten zu können. Eine Woche lang arbeiteten wir acht TiLer im Labor des Life-Science-Lab in Heidelberg. Dort bekamen wir einen Einblick in die Arbeit eines Naturwissenschaftlers. Das genaue Pipettieren und das hochkonzentrierte Arbeiten stellte uns vor eine neue Herausforderung. Im Labor stand uns jedoch Anja vom Heidelberger Science Lab zu Seite, die uns mit ihrer langjährigen Erfahrung als Laborassistentin tatkräftig unterstützte. Sie zeigte uns die Grundlagen der Laborarbeit und gab uns einen Einblick in das Leben im Labor. Wir stellten nicht nur unser eigenes Agarosegel her und sequenzierten Proteine, sondern untersuchten sogar das proapoptotische Verhalten an lebendigen Zellen. Fernab von allen praktischen Aspekten wurden wir auch mit den theoretischen Aspekten konfrontiert, die ein wissenschaftliches Studium mit sich bringt. Unsere zahlreichen Besuche in den verschiedenen Fachbereichen am DFKZ führte uns die Vielfältigkeit eines naturwissenschaftlichen Berufes vor. So wurde uns Tilern bewusst, dass selbst nach unserem Studium uns immer noch alle Türen offenstehen. Durch das Studium lerne man sich in unterschiedliche Fachbereiche einarbeiten zu können, das sei das Entscheidende, so Herr Dr. Warnken, der uns eindrucksvoll seinen Fachbereich der Proteomik vorstellte. Seine Begeisterung für diesen Fachbereich führte uns vor Augen, welche Möglichkeiten eine naturwissenschaftliche Anstellung birgt. Nach unseren anstrengenden, aber unheimlich interessanten Stunden im Labor hatte die Alumna Kameliya ein abwechslungsreiches Abend-Programm für uns vorbereitet. Wir besuchten das Heidelberger Schloss, trafen uns mit der Heidelberger Regionalgruppe und bummelten in der Stadt. Kameliya studiert seit 2016 Medizin und konnte uns daher zahlreiche Informationen zu ihrem Studium geben und für ihr Fach begeistern.

Das Laborpraktikum in Heidelberg hat uns Mut gemacht unseren Interessen zu folgen und Dinge einfach mal auszuprobieren. Vor allem unsere Betreuer Anja vom Science Lab und Kameliya haben uns gezeigt, dass wir keine Angst haben müssen, wichtige Zukunftsentscheidung zu treffen. Wie auch im Labor, entsteht erst durch die unterschiedlichen Stoffe das gewünschte Gemisch. So geht für einige die Suche nach den Zutaten noch weiter und andere können nun anfangen ihr „Gemisch“ herzustellen.

. . . Denis Vuckovac?

Denis gehört zu einem der ersten „Talent im Land“ Jahrgänge, er wurde 2004 in die Förderung aufgenommen und hat 2007 sein Abitur gemacht. Direkt nach seinem Abitur war er 2007 für fünf Wochen mit Fulbright in Kalifornien, wo er einige seiner engsten Freunde kennen gelernt hat – und über dessen Alumniverein er acht Jahre später seine Freundin kennen lernen sollte. Direkt im Anschluss an „die unglaubliche Zeit in den USA“ begann er dann sein Studium am Karlsruhe Institut für Technologie, damals allerdings noch Universität Karlsruhe (TH). (Für Denis ein deutliches Anzeichen, alt geworden zu sein.) Da er sowohl technisch als auch wirtschaftlich interessiert war, entschloss er sich dafür, Wirtschaftsingenieurwesen zu studieren. Gut gefallen haben ihm dabei Unterschiedlichkeit und Abwechslungsreichtum der verschiedenen Lehrveranstaltungen: von Werkstoffkunde über Programmieren bis hin zu Finanzwirtschaft und Konjunkturtheorie. Vielfältig war auch die Wahl seiner Auslandsaufenthalte: Denis war jeweils für ein Semester in Singapur und Kalifornien. Speziell ersteres hat ihm sehr gut gefallen! Er sagt: „Singapur selbst ist ein unglaublich vielfältiges und dynamisches Land, was so wahrscheinlich einmalig auf der Welt ist.“ Und auch hier hat Denis wieder einige Freunde, diesmal aus der ganzen Welt, fürs Leben getroffen: „Und erstaunlicherweise hält der Kontakt!“ Schon seit 2010 schafft er es, sich regelmäßig mit diesem Freundeskreis zu treffen, allerdings inzwischen etwas seltener als noch zu Studienzeiten.

Vielfältig waren auch Denis beruflichen Tätigkeiten. So absolvierte er Praktika in der Automobilwirtschaft („Jeder im Ländle sollte das mal gemacht haben, oder?“) und Energiewirtschaft. Speziell letztere Tätigkeit im Rheinland hat ihm sehr gut gefallen. Dabei hat er Methoden aus der Finanzwirtschaft genutzt, um den Wert von ganzen Kraftwerken auf Basis unterschiedlicher Szenarien bis zum Jahre 2020 („was inzwischen gar nicht mehr so weit weg scheint … Denis = alt“) zu bewerten. Denis hatte das „Glück“ in dieser Branche zu arbeiten, während es in Japan zum Reaktorunglück in Fukushima kam, was in Deutschland zum Atomausstieg und der Energiewende führte (findet Denis gut), allerdings monatelange Arbeit umsonst machte (fand Denis nicht so gut). So merkte er zu diesem Zeitpunkt zum allerersten Mal die Tücken globaler Energiemärkte kennen, die beeinflusst werden von praktisch allen geopolitischen, meteorologischen sowie ökonomischen Geschehnissen weltweit. Nach dem Studienabschluss entschloss er sich dann jedoch Erfahrungen in der Unternehmensberatung zu sammeln. Hierbei wurde er in wenigen Monaten auf Projekte bei den unterschiedlichsten Unternehmen „verkauft“, lernte viel, arbeitete aber vor allem auch sehr viel. Weil Denis der Meinung war, das wäre zu viel Arbeit gewesen, entschloss er sich im Anschluss sein Glück wo anders zu suchen – auch wenn er, wie er schreibt, am liebsten „direkt in Rente“ gegangen wäre, aber so alt ist er nun wirklich nicht… 🙂

Denis arbeitet heute in der Schweiz an der ETH Zürich als Doktorand und forscht zu den Themen „Internet of Things“, also grob dem Verschmelzen der digitalen mit der physischen Welt. Das Doktorat ist anders als häufig sehr praxisnah und weniger theoretisch ausgelegt (sofern das denn möglich ist). Das sonst übliche Problem, im „Elfenbeinturm“ zu sitzen hat Denis daher weniger – was für ihn eine wichtige Grundvoraussetzung war, als er sich zu diesem Schritt entschieden hat. Konkret hat Denis in den letzten Jahren zusammen mit zwei Masterstudenten eine mobile Self-Checkout App entwickelt, die es Nutzern erlaubt Produkte in einem Kiosk nur über das Smartphone zu bezahlen und so die Schlange an der Kasse zu überspringen. Die App wurde an mehreren „Convenience Stores“ am Hauptbahnhof Zürich getestet und erfreut sich bei Nutzern großer Beliebtheit, was man an der hohen Zahl wiederkehrender Nutzer sowie an der Regelmäßigkeit ihrer Einkäufe gut erkennen konnte. Eine Zunahme an Warenschwund haben sie außerdem erfreulicherweise während der Pilotphase nicht feststellen können. Die Arbeit an der Uni ist von sehr viel Freiheit geprägt, „was Fluch und Segen zugleich ist“, da man sich häufig verloren vorkommt. Denis ist aber inzwischen im letzten Jahr seiner Promotion angekommen und sollte, wenn alles nach Plan verläuft, im Mai 2018 fertig sein – die Ziellinie ist also bereits in Sicht.

Noch dazu befasst sich Denis sowohl privat als auch beruflich nun schon seit fast zwei Jahren immer mehr mit der Blockchain, also der Sicherheit durch kryptografische Verkettung, und glaubt fest daran, dass Projekte wie beispielsweise Ethereum ein Riesenpotential haben, das Internet der Zukunft sowie unser Wirtschaften grundlegend zu verändern. Falls andere Stipendiaten oder Alumni in dem Themenbereich interessiert sind, würde sich Denis freuen, wenn sie sich bei ihm melden, um Meinungen und Ansichten auszutauschen.

An Zürich und die Schweiz hat er sich inzwischen gewöhnen können, es ist allerdings auch nicht das erste Mal, dass sich Denis in einem neuen Land integrieren musste. 🙂  Allerdings hatte er das beim ersten Mal etwas leichter in Erinnerung: „Ist wohl auch so etwas, was mit dem Alter nicht leichter wird.“ Seit Denis’ Freundin aus Berlin zu ihm nach Zürich gezogen ist und beide auch deutlich häufiger ihre Wochenenden damit verbringen, die Schweizer Berge und Seen zu erkunden, fühlt es sich aber schon deutlich mehr nach „Zuhause“ an.

Wir sind uns sicher, dass das noch mehr wird, und wünschen Denis für seinen weiteren Weg viel Erfolg, weiterhin viele TiL-Begegnungen und auch Gelassenheit in Bezug aufs Älterwerden. 🙂

Besuch in der Stuttgarter Oper

Kurz vor den Sommerferien hatten 23 aktuelle und ehemalige TiL-Stipendiat*innen noch die Gelegenheit, eine bislang unbekannte Seite der Stuttgarter Oper kennenzulernen: nicht nur eine Aufführung von Puccinis ‚Tosca‘ sollten sie an dem Abend mitbekommen, sondern auch ein umfangreiches Programm im Vorfeld.

Zur Einstimmung erhielt die bunt gemischte Gruppe eine Führung durch das Stuttgarter Opernhaus, bei der die Teilnehmenden Einblicke in spannende Bereiche wie die Requisitenlager, die Schneiderein und auch die Kulissenwerkstatt erhielten. Insbesondere die Malerwerkstatt hat es unseren Schüler*innen dabei angetan. Darauf folgte ein inhaltlicher Workshop zu ‚Tosca‘, bei dem mithilfe einer Musiktheaterpädagogin die Handlung und die Motive der Protagonisten spielerisch erarbeitet wurden. Der Workshop führte zu so manchen Aha-Erlebnissen in der tatsächlichen Opernvorführung, mit der wir den Tag ausklingen ließen.

Eine Besonderheit war zudem die Nachbereitung des Workshops: Da es nicht möglich war alle Teilnehmenden für eine weitere Sitzung nach Stuttgart zu holen, fand die Nachbesprechung via Facebook-Gruppe statt. Eine weitere tolle Idee der „Jungen Oper“, die das Programm für TiL geplant und arrangiert hatte. Wir bedanken uns herzlich!