Neu auf unserer Seite: Was machen ehemalige Stipendiaten heute?

Über 500 Schülerinnen und Schüler haben das Programm Talent im Land bereits durchlaufen. In einer neuen Serie berichten wir über ehemalige Stipendiatinnen und Stipendiaten und was aus ihnen geworden ist. → Was macht eigentlich…?

. . . Sergej Nowoshilow?

Sergej aus dem TiL-Jahrgang 2003 ist ein Forscher, wie er im Buche steht: gleich nach seinem Abitur 2004 hat er angefangen, Bioinformatik an der LMU in München zu studieren. Die Wahl des Studiengangs fiel ihm relativ leicht, da er sich immer für Neurowissenschaften und Programmiersprachen interessiert hatte. Gleich am Ende des ersten Semesters hat er sich als wissenschaftliche Hilfskraft (Hiwi) am Zentrum für Sensomotorik in München beworben und den Job auch bekommen, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch wenig Fachwissen vorweisen konnte. Schon einige Monate später konnte er seine Programmierkenntnisse gut einsetzen und hat sich ein eigenes Projekt „ausgedacht“: Es war keine neue Erfindung, sondern eine gründliche Überarbeitung eines Software-Pakets, dass zu der Zeit bereits zehn Jahre alt war. Dabei ging es um die Klassifikation von Patienten mit bestimmten neurologischen Erkrankungen, wie zum Beispiel das Parkinson-Syndrom, mittels eines neuronalen Netzes. Das Projekt lief gut und mittlerweile wird die Software am Uni-Klinikum in München zur Analyse von einigen Patientendaten routinemäßig eingesetzt.

Im dritten Semester konnte Sergej ein Praktikum in einem richtigen biologischen Labor absolvieren, welches sich als Wendepunkt für ihn herausstellte. Die spannenden Prozesse, die es zu erforschen galt, reizten ihn sehr und er “verliebte“ sich schließlich in die Molekularbiologie. Nach diesem Praktikum nahm er eine weitere Tätigkeit als Hilfskraft in diesem Labor auf. Beide Hiwi-Jobs übte er bis zum Ende seines Studiums aus. In diesem Labor schrieb er sowohl seine Bachelor- als auch seine Masterarbeit, in denen es um die Populationsgenetik von Taufliegen ging.

Nach seinem Abschluss arbeitete Sergej eineinhalb Jahre beim Deutschen Schwindelzentrum im Uniklinikum Großhadern, um sein Projekt aus Uni-Zeiten weiter zu entwickeln. Dabei wurde ihm jedoch klar, dass dieser Bereich nicht dem entsprach, was er sein Leben lang weiter machen wollte – ihm fehlte die Forschung im biologischen Bereich. Da kam es gerade recht, dass Sergej noch eine weitere Faszination hatte: die Forschung mit Salamandern, die verlorene Gliedmaße regenerieren können. Also suchte er bei Forschungsgruppen nach PhD-Stellen, deren Schwerpunkt auf diesem Thema lag. Er entschied sich für das spannend und anspruchsvoll klingende Projekt von Prof. Dr. Elly Tanaka in Dresden. Dabei ging es erstens um die Assemblierung vom Axolotl – einem bestimmten Salamander – Transkriptom. Im Gegensatz zum Genom, welches (mit wenigen Ausnahmen) in jeder Zelle des Organismus gleich ist, stellt das Transkriptom aktuell aktive Erbinformation dar, also Gene, die in einer bestimmten Zelle bzw. einem Organ aktiv sind. Für die Regenerationsforschung ist es deshalb wichtig zu wissen, welche Gene nach der Amputation des Gliedmaßes aktiv bzw. ausgeschaltet werden und was im Endeffekt zu einer perfekten Regeneration führt. Der zweite Teil des Projektes hatte die Aufgabe verschiedene Arten von Salamandern miteinander zu vergleichen, um so im besten Fall die Gene zu finden, die diesen Tieren ihre Regenerationsfähigkeit verleihen. Spannend, oder?

Im Februar 2016 verteidigte Sergej dann erfolgreich seine Doktorarbeit und forscht nun weiter am selben Projekt. Inzwischen ist die gesamte Forschungsgruppe inklusive Sergej jedoch nicht mehr in Dresden – er ist nun in Wien anzutreffen! Dort sind er und das Team im Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie angesiedelt. Zwar ist der Fortschritt noch nicht so weit, dass die Forschung zur Regeneration von Gliedmaßen auf Menschen übertragen werden könnte, doch Sergej ist davon überzeugt, dass dies noch kommen wird. Spannende Aussichten, wie wir finden, und viel Erfolg an Sergej bei seiner Arbeit!

. . . Sihong Zhang?

Diese Alumna setzt Maßstäbe: Als Sihong 2004 in das Programm aufgenommen wurde, war sie 14 Jahre alt. In Shanghai geboren, zog sie im Alter von sechs Jahren nach Freiburg. Zu diesem Zeitpunkt spielte sie schon seit zwei Jahren Klavier, eine Leidenschaft, die sie noch lange begleiten sollte: 2002 wurde sie in die Musikhochschule Freiburg aufgenommen, dort blieb sie bis 2009 und absolvierte das Vorklassenstudium für begabte Jugendliche mit Hauptfach Klavier. Sie nahm an zahlreichen Wettbewerben teil und gewann nicht selten den ersten Platz.

Dies ist aber nicht ihr einziges Talent: Ob Mathematik, Latein oder Biologie – Sihongs Noten waren stets hervorragend. Soziales Engagement zeigte sie als Mitarbeiterin der Schülerbibliothek und als Organisatorin des Schulmittagessens. Nach dem Abitur, das sie mit 1,0 bestand, ging es dann zum Studium der Volkswirtschaftslehre nach München. Sie wurde Stipendiatin der Studienstiftung des Deutschen Volkes und machte praktische Erfahrungen am Ifo-Institut München, am Institut für Kommunikationsökonomik der LMU München und bei Accenture in Beijing.

Für den Master wechselte Sihong 2012 nach Mannheim, dort ist sie auch als Tutorin für Mikroökonomik und Grundlagen der VWL tätig. Aufgrund ihrer guten Leistungen bekam sie nach dem ersten Semester das Angebot direkt in das PhD-Programm zu wechseln und somit den Master zu überspringen. Nachdem sie zwei Jahre lang PhD-Kurse besuchte, bekam sie im Sommer 2014 ihren Master in Economic Research mit der Note „sehr gut“ verliehen und schreibt seitdem an ihrer Dissertation. In ihrer Forschungsarbeit beschäftigt sich Sihong hauptsächlich mit strategischem Verhalten und Interaktionen auf Märkten und hat ihre Arbeit bereits auf einigen internationalen Konferenzen präsentiert. Um einen Einblick in die „reale“ Wirtschaftswelt zu gewinnen, warf sie 2015 mit ihrem Praktikum bei McKinsey & Company einen Blick hinter die Kulissen der Topmanagement-Beratung fernab von der Forschung.

Die Verbindung zu Talent im Land brach auch nach ihrem Abitur nicht ab und Sihong übernahm bereits mehrmals die Co-Leitung bei unserem Sommerakademie-Kurs „Wirtschaft“. Wir drücken ihr die Daumen für ihre Promotion und wünschen ihr alles Gute für die Zukunft!

. . . Severina Butovich?

Severina aus dem TiL-Jahrgang 2012 hat 2014 ihr Abitur absolviert und ist seitdem viel in der Weltgeschichte unterwegs: Russland, die USA, China und viele weitere Orte hat sie zwischenzeitlich bereist. Doch von vorn: Direkt nach dem Abitur und einer wundervollen Sommerakademie fuhr Severina in ihre Heimat Sankt Petersburg – erst der dritte Besuch seit dem Umzug nach Deutschland 2005. Das Wiedersehen war gleichzeitig ein Abschied, denn Severina gab ihre russische Staatsbürgerschaft auf und stellte sich einem zweijährigen Einbürgerungsprozess. Teil davon war auch ein Sommer ohne Staatenzugehörigkeit, in dem sie Deutschland natürlich nicht verlassen konnte, was der reisefreudigen Severina sicher nicht leicht fiel. Seit 2016 ist Severina nun deutsche Bürgerin – eines ihrer Highlights aus der Zeit nach dem Abi.

Die Zeit zwischen Schule und Studium nutzte Severina dann wieder voll aus und nahm an der „Fulbright Diversity Initiative“ teil. Dank des Stipendiums konnte sie für einen Monat an der University of Kentucky studieren und sich in „Entrepreneurship“ weiterbilden, etwas über die US-amerikanische Hochschulwelt lernen, umherreisen und ihr Englisch weiter verbessern.

Anschließend entschied sich Severina für ein Studium in International Management an der ESB Business School Reutlingen, bei dem sie jeweils drei Semester in Deutschland und China in der jeweiligen Landessprache studieren sollte. Als Teil des Studienprogramms werden in beiden Ländern einsemestrige Praktika absolviert, in Deutschland arbeitete Severina dabei in der Zentrale der Robert Bosch GmbH im Bereich des Strategischen Marketings.

Neben dem Studium engagiert Severina sich im „Culture & Charity“ Ressort der Reutlinger Hochschule und leitete diverse weitere Projekte. Sie ist zudem Stipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Nun absolviert Severina den chinesischen Teil ihres Studiums, derzeit das so genannte Sprachenjahr, um ihre Chinesischkenntnisse auf das für die Fortsetzung des Studiums notwendige Niveau zu bringen. Gefördert wird sie dafür von der chinesischen Regierung und der EU. In ihrer Freizeit geht sie gern vier- bis fünfmal in der Woche tanzen, außerdem lernt sie in einer Kampfsportakademie Jiu-Jitsu. Tanzen und Kampfsport sind aber mehr als eine reine Freizeitbeschäftigung – hier kann Severina auch als einzige Nicht-Chinesin in den Kursen an ihren Sprachkenntnissen arbeiten. In der Freizeit erkundet sie liebend gern Peking und die Geschichte und Kultur des Landes, um Unterschiede besser verstehen zu können. Die zweimonatigen Winterferien hat Severina genutzt, um mit einer Kommilitonin auf einer Backpackingtour Süd-Ost-Asien (Vietnam, Laos, Kambodscha und Singapur) zu bereisen – eine unvergessliche kulturelle Erfahrung, wie sie beschreibt.

Generell zieht sich die Liebe zu Sprachen, Reisen und anderen Kulturen durch Severinas Leben wie ein roter Faden. So arbeitete sie beispielsweise auch im Sommer 2016 als Jugendreiseleiterin in Rimini und war dabei zuständig für die Organisation und Übersetzungsarbeit vor Ort. Neben dem Aufbessern ihrer Italienischkenntnisse konnte sie so neue Erfahrungen in Jugendarbeit sammeln und eine tolle Zeit verbringen.

TiL hat Severina auch fast drei Jahre nach ihrem Abi noch in guter Erinnerung. Sie erzählt: „Obwohl seit meinem Abi nun fast drei Jahre vergangen sind, denke ich immer noch gerne an die Zeit bei TiL zurück. Ich habe unglaubliche Unterstützung erhalten, habe sehr viel gelernt, dank TiL und vor allem dank der zwei Sommerakademien konnte ich mich für meinen Studiengang entscheiden, doch am wichtigsten ist, dass ich Freunde fürs Leben gefunden habe. Dafür bin ich unglaublich dankbar!“

Wir sind auch sehr dankbar, Severina im Programm gehabt zu haben und wünschen ihr weiterhin alles Gute – für ihre Zeit in China, ihr restliches Studium und alles was folgt!

. . . Esengül Toprak?

Nachdem Esengül aus dem Jahrgang 2005 schon während der Schulzeit Erfahrung als Schulsanitäterin sammelte (und den Schulsanitätsdienst sogar in ihrer Schule mit aufbaute!) , absolvierte sie nach ihrem Abitur 2010 zunächst ein freiwilliges soziales Jahr beim Deutschen Roten Kreuz, um Lebenserfahrung und Menschenkenntnis zu sammeln, bevor es dann ‚richtig‘ losgehen sollte. Als Rettungshelferin arbeitete Esengül ein Jahr im Zollernalbkreis. Gegen Ende des FSJs bot das DRK ihr an, die Ausbildung zur examinierten Rettungssanitäterin abzuschließen, für die sie sich ebenfalls während des FSJs qualifiziert hatte. Esegenül nahm das Angebot an: „Das DRK übernahm die gesamten Ausbildungskosten und im Gegenzug ließ sie mich verpflichten.“ Viele von Esengüls Mitstreiter*innen bezahlten die Ausbildungskosten, bis damals bis zu 8000 Euro betrugen, aus eigener Tasche. Mittlerweile ist die Ausbildung als Notfallsanitäter*in, wie es nun heißt, nicht mehr kostenpflichtig und man erhält sogar eine Ausbildungsvergütung.

In alter, engagierter TiL-Manier verkürzte Esengül ihre schulische Ausbildungszeit von einem Jahr auf sechs Monate und war Ende 2012 bereits als examinierte Rettungsassistentin unter den besten zehn Prozent der Azubis. Dann konnte endlich die praktische Phase beginnen: Esengül startete im Dreiländereck in Lörrach durch und arbeitete dort in der Rettungswache, zuerst ein Jahr als RAiPler (Rettungsassistent*in im Praktikum) auf dem Rettungswagen, der die Wachen und Krankenhäuser des Landkreises Lörrach anfährt.

Wieder übersprang Esengül ein paar Schritte, denn eigentlich ist man zu Beginn des praktischen Jahres um die zwei Monate als dritter Mann im Rettungswagen unterwegs. Aufgrund ihrer Erfahrungen im FSJ konnte sie bereits in der dritten Woche als RAiPLer als zweite Person und damit als Schlüsselfigur auf dem Rettungswagen mitfahren und übernahm schließlich Dienste mit voller Verantwortung. Direkt ihr erster Tag war voller Notfälle und bei keinem der Einsätze war sofort ein Notarzt vor Ort – Esengül und ihr Kollege, der im FSJ war, mussten alles allein bewältigen. Zur Einstellung eine Beweisprobe also, mit quasi allen kniffligen Fällen auf einmal. Esengüls Einsatz und Übungen beim DRK sind hier zu sehen:

Im Sommer 2015 endete Esengüls Zeit beim Lörracher DRK. Ihr Wunsch nach mehr Lebenserfahrung und Menschenkenntnis wurde auf jeden Fall erfüllt, und im September 2015 begann sie einen ganz anderen Karriereweg: eine Ausbildung zur Finanzassistentin in der Sparkasse Lörrach-Rheinfelden. Esengül wird im Mai 2017 ihre Abschlussprüfung ablegen und rät allen TiLern (und jedem sonst), „das zu tun wovon man auch hundertprozentig überzeugt ist und nicht, weil anderes es von einem erwarten“. Sie ist überzeugt, dass sie niemals die wertvollen Erfahrungen gesammelt hätte, die sie heute ausmachen, wenn sie den „üblichen Weg“ des Studiums gegangen wäre. Dennoch schließt sie ein Studium auch für sich selbst nicht aus, doch sie ist der Meinung, dass man in beruflicher Hinsicht alles tun sollte, worauf man Lust hat, solange die Möglichkeit besteht. Esengüls Message an alle TiLer ist bestärkend: „Lasst euch nicht allzu sehr von konventionellen Wegen beherrschen. Es geht auch anders 😉 Anders heißt nicht schlecht.“

Kreativwerkstatt in Gaggenau

Mit 40 Stipendiatinnen und Stipendiaten waren wir am letzten März-Wochenende bei schönstem Frühlingswetter in der Akademie Schloss Rotenfels in Gaggenau. In einem von drei Workshops konnten die Schüler*innen hierbei auf unterschiedliche Weise kreativ werden: bei einem Foto-Workshop mit dem Berliner Fotografen Jan von Holleben, bei einem Graffiti-Workshop mit Bernad Sakic alias Kosmik und bei einem Programmier-Workshop mit Diana und Philipp Knodel des gemeinnützigen Hamburger Startups Appcamps. Bei einer Vernissage am Sonntag stellten die Workshops den anderen Teilnehmer*innen ihre wirklich beeindruckenden Ergebnisse vor. Hut ab vor so vielen Talenten!

Im App-Workshop entstanden in kleinen Teams unter anderem Apps, die Parkplätze in fremden Städten finden, das „wahre Alter“ ermitteln, landeskundliches und popkulturelles Wissen über Korea abfragen oder auch Rückmeldung per SMS geben, wenn sich ein Handy weiter als zugelassen entfernt.

Nach intensiven Vorbereitungen mit der Vorbereitung von diversen Schablonen wurden im Graffiti-Workshop ab Samstagnachmittag Leinwände besprüht – und trotz der Verwendung teils gleicher Schablonen entstanden ganz unterschiedliche und individuelle Kunstwerke.

Der Fotografie-Workshop glich einem Bienenstock. Kleingruppen und Einzelpersonen verfolgten mit der Unterstützung der anderen ihre individuellen Fotokunst-Projekte, sammelten Material, arrangierten, verwarfen Ideen und kreierten neue.

Im Anschluss an die Kreativwerkstatt wurde außerdem ein tolles Video darüber gedreht, das die Arbeit des Wochenendes schön einfängt.

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